BMF: Förderung der Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene
Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger und zivilgesellschaftliche Organisationen spielen für die Hilfe für von der Corona-Krise betroffene Menschen, Unternehmen und zivilgesellschaftliche Organisationen eine besondere Rolle. Das BMF hat nun in einem Schreiben vom 09. April 2020 (BMF IV C 4 – S 2223/19/10003) die steuerliche Begünstigung der genannten Hilfe dargestellt. Die Begünstigungen gelten für Maßnahmen, die vom 01.03.2020 bis zum 31.12.2020 durchgeführt werden. Das Schreiben ist leider in vielerlei Hinsicht unscharf formuliert, sodass es der (risikobehafteten) Interpretation bedarf.
- Spenden
Für Spenden an die amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege und ihre Mitgliedsorganisationen zur Förderung der Hilfen für von der Corona-Krise Betroffene gilt der vereinfachte Zuwendungsnachweis ohne betragsmäßige Beschränkung. Im Einzelnen gelten die Regelungen des § 50 (4) Einkommensteuerdurchführungsverordnung.
- Spendenaktionen
Unabhängig von den jeweils verfolgten Satzungszwecken können steuerbegünstigte Körperschaften zu Spenden zur Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene aufrufen und die im Rahmen solcher Sonderaktionen erhaltenen Mittel selbst verwenden. Allerdings müssen die Körperschaften die Hilfsbedürftigkeit der Betroffenen prüfen und das Ergebnis ihrer Prüfung dokumentieren. „Unterstützungsleistungen außerhalb der Verwirklichung gemeinnütziger und mildtätiger Zwecke, z.B. an von der Corona-Krise besonders betroffene Unternehmen, Selbständige oder an entsprechende Hilfsfonds der Kommunen sind insoweit nicht begünstigt.“
Die im Rahmen von Spendenaktionen erhaltenen Mittel können aber auch an andere steuerbegünstigte Körperschaften übertragen werden, die ihrerseits z.B. mildtätige Zwecke verfolgen.
Die Spenden sammelnde Organisation muss die Zuwendungsbestätigungen ausstellen. „Auf die Sonderaktion ist in der Zuwendungsbestätigung hinzuweisen.“
- Maßnahmen steuerbegünstigter Körperschaften
Steuerbegünstigte Körperschaften können auch andere, keiner sonstigen Bindungswirkung unterliegenden Mittel unabhängig von ihren Satzungszwecken zur Unterstützung für von der Corona-Krise Betroffene einsetzen.
- Sponsoring und Zuwendungen von steuerpflichtigen Unternehmen an steuerpflichtige Unternehmen
Aufwendungen für Sponsoring sind nach wie vor als Betriebsausgaben abziehbar, nun aber auch Zuwendungen an „von der Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich negativ betroffenen Geschäftspartnern zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen“ und zwar in angemessenem Umfang in Form unentgeltlicher Leistungen aus dem Betriebsvermögen.
- Arbeitslohnspende
Wenn Arbeitnehmer/innen auf die Auszahlung von Teilen ihres Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens „zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf das Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung im Sinne des § 10b Absatz 1 Satz 2 EStG“ verzichten, unterliegen diese Lohnbestandteile nicht dem Lohnsteuerabzug, „wenn der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert“.
- Aufsichtsratsvergütungen
Dasselbe gilt sinngemäß im Falle von Aufsichtsratsmitgliedern, die auf Teile ihrer Aufsichtsratsvergütung verzichten.
- Hilfsleistungen
Die entgeltliche Gestellung von Personal, von Räumlichkeiten, Sachmitteln und anderen Leistungen, „die für die Bewältigung von Auswirkungen der Corona-Krise notwendig sind (z.B. an Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime)“ kann ertragsteuerlich und umsatzsteuerlich dem Zweckbetrieb zugeordnet werden.
Die Überlassungen können nach § 4 Nr. 14, 16, 18, 23 und 25 UStG umsatzsteuerfrei sein, „wenn die überlassenen Leistungen insbesondere in Bereichen der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit, der Betreuung und Versorgung von Betroffenen der Corona-Krise dienen. Für Überlassungsleistungen von bzw. an andere Unternehmer greift die Umsatzsteuerbefreiung nicht.“
- Mittelverwendung
Verluste im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und in der Vermögensverwaltung, „die steuerbegünstigen Organisationen nachweislich aufgrund der Auswirkungen der Corona-Krise bis zum 31.Dezember 2020“ entstehen, können mit Mitteln des steuerbegünstigten Bereichs ausgeglichen werden.
Bei Aufstockung des Kurzarbeitergelds „bis zu einer Höhe von insgesamt 80% des bisherigen Entgelts (…) werden weder die Mittelverwendung für satzungsmäßige Zwecke, noch die Marktüblichkeit und die Angemessenheit geprüft, wenn die Aufstockung für alle Arbeitnehmer erfolgt“.
Erleichterte Versammlungs- und Beschlussfassungsregelungen für AG, GmbH, Genossenschaft und Verein
Mit dem „Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohneigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der CVID-19-Pandemie“ vom 27.03.2020 sind – zunächst befristet bis zum 31.12.2020 – unter anderem Erleichterungen für die Durchführung von Versammlungen und für Beschlussfassungen bei Gesellschaften in Rechtsform der AG, GmbH und Genossenschaft sowie bei Vereinen in Kraft getreten.
Bei Aktiengesellschaften kann der Vorstand unabhängig von Satzungsregelungen entscheiden, „dass die Versammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten als virtuelle Hauptversammlung abgehalten wird (…)“.
Bei einer GmbH „können Beschlüsse der Gesellschafter in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter gefasst werden“.
Bei Vereinen „kann der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Satzung Vereinsmitgliedern ermöglichen,
- an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilzunehmen und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation auszuüben oder
- ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimmen vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abzugeben“.
Beschlüsse ohne Mitgliederversammlung sind gültig „wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde“.
Bei Genossenschaften „können Beschlüsse der Mitglieder auch dann schriftlich oder elektronisch gefasst werden, wenn dies in der Satzung nicht ausdrücklich zugelassen ist“. Die Feststellung von Jahresabschlüssen kann durch den Aufsichtsrat erfolgen. Sitzungen von Vorstand und Aufsichtsrat „können auch ohne Grundlage in der Satzung oder in der Geschäftsordnung im Umlaufverfahren in Textform oder als Telefon- oder Videokonferenz durchgeführt werden“.
Nicht alles im Gesetz ist punktgenau formuliert, dennoch lassen sich die Vorschriften sinnorientiert auslegen. Allerdings wird darauf zu achten sein, dass die technischen Erleichterungen nicht zur Behinderung von Transparenz und Teilhabe für Mitglieder und Gesellschafter/innen genutzt wird.
OLG München: Vereinsrechtliche Voraussetzungen für Satzungsänderungen beim eingetragenen Verein
Vereine stehen vielfach vor dem Problem, dass die viele Jahre alte Satzung nur schwer den aktuellen Bedürfnissen anzupassen ist, da die Hürden für eine Satzungsänderung zu hoch sind, um sie aktuell überwinden zu können. Das Oberlandesgericht München hat in einem solchen Fall eine Entscheidung getroffen, die Spielräume aufzeigt, aber auch deren sehr praktische Grenzen.
In seinem Urteil vom 30.01.2020 (OLG München, 31 Wx 371/19) stellt das Gericht in seinem ersten Leitsatz fest:
„Bestimmungen in Vereinssatzungen, die die Voraussetzungen für eine Satzungsänderung erhöhen, sind dann unbeachtlich, wenn die tatsächlichen Verhältnisse des Vereinslebens dazu führen, dass die Satzung faktisch dauerhaft unabänderlich ist. An deren Stelle treten die gesetzlichen Vorschriften.“
Im vorliegenden Fall gelang es einem Verein nicht, die Beschlussfähigkeit einer Mitgliederversammlung herzustellen, um über eine vom Vorstand vorgeschlagene Satzungsänderung zu entscheiden. Mindestens 51% der Mitglieder hätten an der Versammlung teilnehmen müssen, aber nur 260 Mitglieder von 1.420 Mitgliedern nahmen an der Versammlung teil. Allerdings hatten in den Jahren 2014 bis 2017 regelmäßig jeweils höchstens 79 Mitglieder teilgenommen.
Die Mitgliederversammlung beschloss dennoch die Satzungsänderung mit einer Gegenstimme. Das Vereinsregister trug die Änderung nicht ein, weil die Satzungsbestimmungen nicht eingehalten worden waren, hiergegen klagte der Verein.
Aus Sicht des Gerichts hatte der Vorstand alle zumutbaren Bemühungen unternommen, die erforderliche Beteiligung sicherzustellen, und befand, dass die entsprechende Vereinsvorschrift „angesichts der tatsächlichen Verhältnisse nicht anzuwenden“ sei.
Dennoch bestätigte das Gericht den Beschluss des Vereinsregisters, die Satzungsänderung nicht einzutragen. Bestandteil der Satzungsänderung waren nämlich auch Teile der Satzung, die laut Satzung die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich gemacht hätten. Selbst wenn es also gelungen wäre, eine beschlussfähige Mitgliederversammlung zustande zu bringen, wäre die Satzungsänderung an der einen Gegenstimme gescheitert. Und an dieser Stelle war das Gericht nicht der Auffassung, dass eine Satzungsbestimmung, nach der bestimmte Teile der Satzung nur geändert werden können, wenn alle Mitglieder zustimmen, bei einem Verein mit 1.420 Mitgliedern zu einer „faktisch dauerhaft unabänderlichen Satzung“ führen würde.
Und auch der Hinweis auf die gesetzlichen Vorschriften klingt nicht nach Erleichterung, wenn es um die Änderung des Satzungszwecks eines Vereins geht. Wenn nämlich die Satzung nicht Anderes bestimmt, gilt die Regelung laut § 33 (1) Satz 2 BGB: „Zur Änderung des Zweckes des Vereins ist die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich; die Zustimmung der nicht erschienenen Mitglieder muss schriftlich erfolgen.“
Sollten also Vereine die Mehrheitsanforderungen niedriger ansetzen wollen als im BGB vorgesehen, muss dies – auch mit Bezug auf die Änderungen des Zwecks – in der Satzung so formuliert werden.
BMF: Bisher keine allgemeine Anwendung des BFH-Urteils aus 2019 zum Umsatzsteuersatz bei Zweckbetrieben
Das BFH-Urteil aus 2019 zur umsatzsteuerlichen Behandlung von entgeltlichen Leistungen der Inklusionsbetriebe hat zu einer breiten Debatte geführt, die bislang kein klares Ergebnis hat. Aktuell gelten die Ausführungen des Anwendungserlasses. Aber auch die geben keine klare Orientierung.
Gegenstand des BFH-Urteils vom 23.07.2019 (BFH XI R 2/17) war die umsatzsteuerliche Behandlung der Umsatzerlöse eines gemeinnützigen Vereins aus dem Betrieb eines Bistros und einer öffentlichen Toilette. Beide Tätigkeitsfelder waren Bestandteil eines vom Integrationsamt geförderten Teilbereichs des Vereins. Die gastronomische Einrichtung und die öffentliche Toilette diente der Beschäftigung behinderter Personen.
Der Verein belegte die Umsätze der genannten Einrichtungen mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz, weil beide Einrichtungen als Zweckbetriebe im Sinne des § 68 Nr. 3 c) AO behandelte.
Grundlage für die umsatzsteuerliche Behandlung war die Regelung des § 12 (2) Nr. 8 a) UStG. Danach sind die Leistungen gemeinnütziger Körperschaften, die diese im Rahmen ihrer Zweckbetriebe erbringen, mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz zu belegen, soweit sie nicht von der Umsatzsteuer befreit sind.
Dies gilt allerdings laut der genannten Vorschrift nur
„wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht“.
Beide Voraussetzungen sah der BFH im vorliegenden Fall als nicht gegeben an:
- die strittigen Umsätze seien für den Verein zur Erfüllung seiner Satzungszwecke „nicht unerlässlich“,
- der Verein trete mit den Umsätzen des Bistros und der öffentlichen Toilette in Wettbewerb mit anderen Unternehmen, die vergleichbare Leistungen anbieten und
- mit dem Verkauf der Gastronomieleistungen und der Zurverfügungstellung der Toilette würden nicht die satzungsmäßigen Zwecke des Klägers „selbst“ verwirklicht, da sie in erster Linie den Zwecken der Verbraucher dienten.
„Begünstigt“ – so der BFH – „wären nur Leistungen gegenüber den behinderten Personen, aber nicht solche Leistungen, an deren Erbringung behinderte Arbeitnehmer des Integrationsunternehmens teilhaben (…).“
In der an das Urteil anschließenden Debatte teilte das Bundesfinanzministerium mit, dass es die Veröffentlichung des BFH-Urteils im Bundessteuerblatt erst einmal zurückstellen wird. Das BMF verweist dabei gleichzeitig auf die laufenden Verhandlungen mit der EU-Kommission über die Reform der europarechtlichen Vorgaben für die Mehrwertsteuersätze. Sichergestellt sei also vorerst die Gültigkeit der aktuellen Rechtslage und ihrer Anwendung durch die Finanzverwaltung.
Damit rücken die Regelungen des Umsatzsteueranwendungserlasses in den Blick. Dieser behandelt in Abschnitt 12.9 (13) Inklusionsbetriebe und stellt dabei fest, dass diese „mit der Ausführung ihrer Leistungen selbst keinen steuerbegünstigten Zweck erfüllen“ können. „Daher ist (…) grundsätzlich zu prüfen, ob die Einrichtung in erster Linie der Erzielung von zusätzlichen Einnahmen dient.“ In diesem Fall wäre auch nach Auffassung der Finanzverwaltung der ermäßigte Umsatzsteuersatz nicht anzuwenden.
So gesehen ist die Mitteilung des BMF, das BFH-Urteil erst einmal nicht zur allgemeinen Anwendung im Bundessteuerblatt zu veröffentlichen, nicht mit der generellen Aussage zu verwechseln, Inklusionsbetriebe könnten mit dem Verweis auf ihre Zweckbetriebseigenschaft generell den ermäßigten Steuersatz anwenden.
BMF: Umsatzsteuerliche Behandlung der Eingliederungshilfe- und Sozialhilfeleistungen nach dem Bundesteilhabegesetz
Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabgesetz – BTHG) wurde u.a. die bisherige Aufgliederung der Leistungen der Eingliederungshilfe in ambulante, teilstationäre und vollstationäre Leistungen aufgegeben. Durch das Gesetz wurden auch Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes geändert: Einführung einer neuen Nummer 15c (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) in § 4 UStG und Änderungen in § 4 Nr. 16 UStG (Pflegeleistungen). Im Nachgang wurde nun mit Schreiben des BMF der Umsatzsteueranwendungserlass angepasst.
Das BMF-Schreiben vom 24.03.2020 (BMF III C 3 – S 7172/19/10002:003) stellt fest, dass im Zusammenhang mit den Änderungen durch das Bundesteilhabegesetz für Verträge nach dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) als auch für Verträge außerhalb des WBVG die Umsatzsteuerbefreiung gem. § 4 Nr. 16 UStG gilt.
Zweites Corona-Steuerhilfegesetz: Befristete Absenkung des allgemeinen und ermäßigten Umsatzsteuersatzes zum 01. Juli 2020
Mit dem Ziel den wirtschaftlichen Aufschwung zu unterstützen, hat das Bundeskabinett am 10. Juni 2020 die befristete Absenkung der Umsatzsteuersätze von 19 Prozent auf 16 Prozent und von 7 auf 5 Prozent beschlossen. Die Absenkung soll vom 01. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 gelten. Am 30.06.2020 hat das Bundesfinanzministerium ein Begleitschreiben zur Steuersatzabsenkung veröffentlicht.
In seinem Schreiben erläutert das BMF die Grundsätze für die Umsetzung der befristeten Absenkung der Mehrwertsteuersätze:
„Die neuen Umsatzsteuersätze von 16 Prozent und 5 Prozent sind auf die Lieferungen, sonstigen Leistungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe anzuwenden, die zwischen dem 1. Juli 2020 und 31. Dezember bewirkt werden (…).“
„Maßgebend für die Anwendung dieser Umsatzsteuersätze ist stets der Zeitpunkt, in dem der jeweilige Umsatz ausgeführt wird.“
„Auf den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung kommt es ebenso wenig an wie auf den Zeitpunkt der Entgeltsvereinnahmung oder der Rechnungserteilung (…).“
Die Steuersätze von 16 und 5 Prozent gelten im genannten Zeitraum auch für die Einfuhrumsatzsteuer.
Bei der Istversteuerung (hier entsteht die Steuer nicht bei Leistungserbringung, sondern bei Zahlungseingang) sind auf die vor dem 01.07.2020 erhaltenen Anzahlungen die neuen Steuersätze nachträglich anzuwenden, wenn die mit den Anzahlungen entgoltene Leistung erst nach dem 30.06.2020 erbracht wird. Die Rechnungen sind gegebenenfalls zu korrigieren. Die Korrektur der Umsatzsteuervoranmeldung soll in dem Voranmeldungszeitraum erfolgen, in dem der Zahlungszufluss erfolgt.
Umgekehrt sind im Falle der Istversteuerung auf vereinnahmte Entgelte, die nach dem 30.06.2020 vereinnahmt werden und sich auf Leistungen beziehen, die vor dem 01.07.2020 erbracht worden sind, die bisher geltenden Steuersätze von 19 und 7 Prozent anzuwenden.
Rechnungen über Anzahlungen und Abschlagsrechnungen, die vor dem 01.07.2020 für Leistungen gestellt werden, die nach dem 30.06.2020 erbracht werden, können bereits mit den ab 01.07.2020 geltenden Steuersätzen gestellt werden.
Bei Teilleistungen gilt Folgendes:
Die Umsatzsteuer entsteht generell erst mit der (abschließenden) Ausführung der Leistung oder Teilleistung. Eine Teilleistung liegt vor,
- wenn es sich um einen wirtschaftlich sinnvoll abgrenzbaren Teil einer Werklieferung oder Werkleistung handelt und
- wenn eine Vereinbarung über die Ausführung der Leistung als Teilleistung vorliegt, die Teilleistung gesondert abgenommen und abgerechnet wird.
Wird also eine Teilleistung verabredet vor dem 01.07.2020 ausgeführt und abgerechnet, sind die bisher geltenden Steuersätze anzusetzen. Erfolgt die Ausführung der Teilleistung erst nach dem 30.06.2020, sind die neuen Steuersätze anzuwenden.
Bei Dauerleistungen (insbesondere bei Miet- und Leasingverträgen), bei denen die Umsatzsteuersatzänderung in den vereinbarten Leistungszeitraum fällt, gilt der allgemeine Grundsatz: soweit die Dauerleistung vor dem 01.07.2020 erbracht wird, gelten die bisherigen Steuersätze. Soweit sie nach dem 30.06.2020 erbracht wird, gelten die neuen Steuersätze. Weil die über Dauerleistungen abgeschlossenen Verträge in der Regel als Dauerrechnung anzusehen sind, ist der Mehrwertsteuerausweis für Leistungen zwischen dem 01.07. und dem 31.12.2020 anzupassen. Dies ist vor allem deshalb wichtig, weil der Leistungserbringer (z.B. der Vermieter) die ausgewiesene Umsatzsteuer abführen muss, auch wenn es sich um zu Unrecht bzw. in falscher Höhe ausgewiesene Umsatzsteuer handelt. Der Leistungsempfänger (z.B. der Mieter) hingegen hat nur in Höhe der tatsächlich zu berechnenden gesetzlichen Umsatzsteuer gegebenenfalls Vorsteuerabzug.
Bei Gutscheinen gilt, dass im Falle von Einzweckgutscheinen die Umsatzsteuer mit Ausgabe des Gutscheins anfällt. Bei Mehrzweckgutscheinen fällt die Umsatzsteuer zum Zeitpunkt der Einlösung des Gutscheins an. Bei Gutscheinen, die zu einem Preisnachlass führen, gilt eine Vereinfachungsregel: Erstattungen bis zum 31.08.2020 erfolgen zum bisherigen Steuersatz. Erstattungen nach dem 31.08.2020 erfolgen zum neuen Steuersatz.
Bei Pfandbeträgen für Leergut gilt ebenfalls eine Vereinfachungsregel: Auf bis zum 30.09.2020 erstattete Pfandbeträge ist der bisher geltende Steuersatz anzuwenden, auf Erstattungen nach dem 30.09.2020 der neue Steuersatz.
Bei Gastronomieumsätzen gilt bis zum 30.06.2020 der Umsatzsteuersatz von 19%. Ab 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 gilt für Speisen (!) der ermäßigte Umsatzsteuersatz in Höhe von 5%, für Getränke der abgesenkte Steuersatz von 16%. Ab dem 01.01.2021 bis zum 30.06.2021 ist für Speisen der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7% anzuwenden, für Getränke der bisherige Satz von 19%. Ab dem 01.07.2021 gilt wieder für Speisen und Getränke der Regelsteuersatz von 19% – falls sich bis zu diesem Zeitpunkt keine anderslautende Regelung ergibt.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Leistungserbringer / Rechnungsteller in jedem Fall die in den Rechnungen jeweils ausgewiesene Umsatzsteuer abführen muss, auch wenn die ausgewiesene Umsatzsteuer zu hoch und damit unberechtigt ausgewiesen ist. Dies gilt auch für den bei Kleinbetragsrechnungen und Kassenbons aufgedruckten Steuersatz. Die bei diesem Steuersatz aus dem Bruttobetrag jeweils zu errechnende Steuer ist abzuführen. Daher ist es bei Nutzung elektronischer Kassensysteme erforderlich, die neuen Umsatzsteuersätze im Kassensystem zu programmieren und zum 01.07.2020 die bisherigen Steuersätze durch die neuen zu ersetzen.
Von gesonderter Bedeutung ist im Zusammenhang mit der nur vorübergehenden Absenkung der Umsatzsteuersätze der Leistungsaustausch mit Leistungsempfängern, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Hier ist es von Vorteil, die Leistungen im Zeitraum vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 zu erbringen. Dies gilt insbesondere für Bauleistungen. Hier kann es sinnvoll sein, zum Jahreswechsel 2020/2021 hin überall dort, wo es von der Sache her möglich ist, Teilleistungen zu vereinbaren und bis zum Jahresende zu erbringen, diese bis zum 31.12.2020 abzunehmen und abzurechnen.
Vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und Begrenzung der Organhaftung in Corona-bedingter Insolvenz
Ab 01. März 2020 gilt das „Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz (COVID-19-Insolvenzaussetzugsgsetz – COVInsAG)“.
- 15a (1) der Insolvenzordnung (InsO) lautet: „Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Eröffnungsantrag zu stellen.“
Gemäß § 1 COVInsAG ist die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags (Eröffnungsantrag) nach § 15a InsO und nach § 42 (2) BGB „bis zum 30. September 2020 ausgesetzt“. Die Aussetzung gilt nicht, „wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen“. Und: War der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.“
Bei Gläubigerinsolvenzanträgen, die zwischen dem 28.03.2020 und dem 28.06.2020 gestellt werden, kann das Insolvenzverfahren nur eröffnet werden, wenn „der Eröffnungsgrund bereits am 01. März 2020 vorlag“ (§ 3 COVInsAG).
Gemäß § 4 COVInsAG ist das Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz ermächtigt, durch Rechtsverordnung „die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nach § 1 und die Regelung zum Eröffnungsgrund bei Gläubigerinsolvenzanträgen nach § 3 bis höchstens zum 31. März 2021 zu verlängern (…)“.
Jahressteuergesetz 2019: Umsatzsteuerfreiheit der Essensversorgung von Kindern in Kindertagesstätten nicht geregelt
Ab 01.01.2020 gelten für Einrichtungen der Wohlfahrtspflege geänderte Regelungen zur Umsatzsteuerfreiheit bestimmter Leistungen. Die betrifft vor allem die Regelungen zu § 4 Nr. 18, Nr. 23 und Nr. 25 UStG. Dabei st auch die umsatzsteuerliche Behandlung der Essensversorgung von Kindern und Jugendlichen an Schulen und Hochschulen geregelt, nicht aber die Versorgung mit Essen an Kindertagesstätten.
Die Grundversorgung von Kindern und Jugendlichen mit Essen an Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen ist für gemeinnützige Körperschaften, die als Satzungszweck das Wohlfahrtswesen fördern, sowie für mildtätige Körperschaften ein Zweckbetrieb. Bis zum 31.12.2019 galt zudem für Mitglieder eines der amtlich anerkannten Wohlfahrtsverbänden gemäß § 4 Nr. 18 Umsatzsteuergesetz, dass diese Leistungen durch die genannten Körperschaften umsatzsteuerfrei erbracht wurden, wenn sich die Erbringung dieser Leistungen den in der Satzung genannten Zwecken zuordnen ließ.
Seit 01.01.2020 ist die Essensversorgung von Kindern und Jugendlichen an Schulen und Hochschulen in § 4 Nr. 23 Buchstabe c) UStG geregelt und als „Versorgungsdienstleistung“ – also nicht nur als reine Essenslieferung – von der Umsatzsteuer befreit.. Auf § 4 Nr. 18 UStG kann in diesem Zusammenhang nicht mehr Bezug genommen werden.
In § 4 Nr. 23 Buchstabe c) UStG sind allerdings nur Schulen und Hochschulen genannt, nicht Kindertagesstätten oder andere Kinderbetreuungseinrichtungen.
Die Leistungen der Kindertagesstätten sind gemäß § 4 Nr. 25 UStG von der Umsatzsteuer befreit und in diesem Zusammenhang auch die Essensversorgung der Kinder. Dies setzt aber voraus, dass die Essensversorgung mit der Betreuung der Kinder verbunden ist. Die reine Versorgung – auch als Versorgungsdienstleistung – der Kinder an Kindertagesstätten ist von den Regelungen des § 4 Nr. 25 UStG nicht gedeckt.
Möglicherweise wurde der Einbezug der Kitaversorgung in die Regelungen des § 4 Nr. 23 Buchstabe c) UStG schlicht vergessen. Möglicherweise muss aber aus der ausdrücklichen Erwähnung der Schulen und Hochschulen geschlossen werden, dass die Kindertagesstätten gerade nicht gemeint waren.
Hier besteht also Klärungsbedarf.
§66 Abgabenordnung: Gewinne von Wohlfahrtseinrichtungen
Spätestens ab 2017 sind für Einrichtungen der Wohlfahrtspflege die Neuregelungen des BMF-Schreibens vom 06.12.2017 zu beachten. In diesem Schreiben wird die Voraussetzung des § 66 (2) AO für das Vorliegen eines Zweckbetriebs im Falle von Wohlfahrtseinrichtungen aus Sicht der Finanzverwaltung präzisiert: „Wohlfahrtspflege ist die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen. Die Sorge kann sich auf das gesundheitliche, sittliche, erzieherische oder wirtschaftliche Wohl erstrecken und Vorbeuge oder Abhilfe bezwecken.“ Das Schreiben definiert, wann die „ausgeübte Sorge“ „nicht des Erwerbs wegen“ geschieht.
Unter der Überschrift „Vollzugsfragen bei Zweckbetrieben der Wohlfahrtspflege nach § 66 AO; Kriterium ‚nicht des Erwerbs wegen‘ im Sinne des § 66 Absatz 2 AO“ stellt das Bundesfinanzministerium in seinem Schreiben vom 06.12.2017 mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs fest, dass das Kriterium „nicht des Erwerbs wegen“ nur dann erfüllt sei, wenn der jeweilige Betrieb der Wohlfahrtspflege keine Gewinne anstreben würde, „die über seinen konkreten Finanzierungsbedarf hinausgehen“.
Im weiteren führt das Schreiben aus, dass „die Erzielung von Gewinnen in gewissem Umfang – z. B. zum Inflationsausgleich oder zur Finanzierung von betrieblichen Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen – geboten sein (kann), ohne in Konflikt mit dem Zweck der steuerlichen Begünstigung zu stehen“. Allerdings gelte:
„werden in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen jeweils Gewinne erwirtschaftet, die den konkreten Finanzierungsbedarf der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre der Körperschaft übersteigen, ist wiederlegbar (z.B. unbeabsichtigte Gewinne aufgrund von Marktschwankungen) von einer zweckbetriebsschädlichen Absicht der Körperschaft auszugehen, den Zweckbetrieb des Erwerbs wegen auszuüben“.
Und, zur Abmilderung der Regel: „Gewinne aufgrund staatlich regulierter Preise (z.B. auf Grundlage einer Gebührenordnung nach Maßgabe des § 90 SGB XI) sind kein Indiz dafür dass der Zweckbetrieb des Erwerbs wegen ausgeübt wird.“
Zur „wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre“ zählen laut BMF-Schreiben, das Eingang in den Anwendungserlass zur Abgabenordnung gefunden hat:
- Wohlfahrtseinrichtungen im Sinne des § 66 AO
- Zweckbetriebe im Sinne des § 68 AO, soweit diese auch die Voraussetzungen des § 66 AO erfüllen
- Zweckbetriebe im Sinne des § 67 AO
- ideelle Tätigkeiten, für die die Voraussetzungen des § 66 AO vorlägen, wenn sie entgeltlich ausgeführt würden.
Der Ausgleich von Verlusten sonstiger gemeinnütziger Tätigkeiten einer gemeinnützigen Körperschaft durch Gewinne der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre, die über deren konkreten Finanzierungsbedarf liegen, ist gemeinnützigkeitsschädlich.
Der „konkrete Finanzierungsbedarf“ schließt Zweck- und Wiederbeschaffungsrücklagen ein.
Die Steuerformulare für Körperschaften, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, fragen ab Veranlagungsjahr 2017 Überschuss und Finanzierungsbedarf ab. 2019 ist also das erste „dritte Jahr“. Dies muss bei der Erstellung der Steuererklärung für 2019 beachtet werden.
OFD Karlsruhe: „Gemeinnützigkeit“ nach dem Attac-Urteil des BFH
In einer Mitteilung hat die OFD Karlsruhe unter der Überschrift „Aktuelle Informationen zum Thema ‚Gemeinnützigkeit‘ (Stand Dezember 2019)“ Stellung genommen zu den Auswirkungen des Attac-Urteils des BFH vom 10.01.2019.
In der umfangreichen Mitteilung vom 02.12.2019 teilt die OFD Karlsruhe zunächst mit, dass das BFH-Urteil zu Attac nicht zum Anlass genommen wird, „generell Sonderprüfungen gemeinnütziger Vereine außerhalb des Turnus durchzuführen“. Stellt dann aber fest: „Politisch engagierte Vereine haben jedoch die Kernaussagen des Urteils bei ihrem Handeln zu beachten.“
Neue Prüfmaßstäbe hätten sich nicht ergeben, da es sich bei dem Urteil nicht um eine Änderung der Rechtsprechung handle.
Es folgt dann eine Begründung dafür, warum sich gemeinnützige Körperschaften nicht wie politischen Parteien politisch betätigen dürften. Dabei bezieht sich die OFD vor allem auf die unterschiedliche spendenrechtliche Behandlung, aber auch auf die unterschiedlichen Transparenzanforderungen.
Zu den zu erwartenden Änderungen des Gemeinnützigkeitsrechts im Hinblick auf die politische Betätigung steuerbegünstigter Körperschaften verweist die OFD auf Erörterungen auf Bund-Länder-Ebene. „Das Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg“ – so die OFD weiter – „setzt sich dafür ein, weitgehend Rechtssicherheit für gemeinnützige Vereine zu gewährleisten.“
Abschließend weist die OFD darauf hin, dass Vereine nicht deshalb die Gemeinnützigkeit verlieren, weil sie „bestimmte Gruppierungen“ – es geht der OFD vor allem um „Rechts- oder Linksextremisten“ – aus „sachlich relevante(n) Gründe(n)“ die Mitgliedschaft im Verein verwehren.