Die Leistungen der Museen sind gemäß § 4 Nr. 20 Buchst. a) Satz 1 UStG umsatzsteuerbefreit, wenn sie Einrichtungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände sind. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllt (ebd. Satz 2).
Der Bundesfinanzhof hat im Februar 2022 entschieden, dass ein selbständiger Gästeführer mit seinen Leistungen für ein Museum, das nur mit Führung besucht werden darf, nach derselben Vorschrift umsatzsteuerbefreite Umsätze erzielen kann.
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In dem vom Gericht zu entscheidenden Fall (BFH, XI R 30/2 vom 15.02.2022) hatte ein selbständiger Gästeführer dem Museum, für das er die Führungen durchführte und das seinerseits an die Museumsbesucher umsatzsteuerfreie Leistungen gem. § 4 Nr. 20 Buchst. a (UStG) erbringt, seine Leistungen ohne Umsatzsteuer berechnet. Die zuständige Landesbehörde hatte dem Gästeführer bescheinigt (§ 4 Nr. 20 Buchst. a) Satz 2 UStG), dass er als Museumsführer die gleichen kulturellen Aufgaben erfülle wie vergleichbare öffentliche Einrichtungen.
Das Finanzamt setzte Umsatzsteuer fest, weil es die Leistungen als nicht durch § 4 Nr. 20 UStG befreit ansah und wies die gegen die entsprechenden Steuerbescheide gerichteten Einsprüche des Gästeführers ab. Dessen Klage vor dem Finanzgericht war erfolgreich. Das Finanzgericht sah die in Frage stehenden Leistungen
– sowohl nach § 4 Nr. 20 Buchst. a) UStG
– als auch nach Artikel 132 (1) Buchst. n Mehrwertsteuersystemrichtlinie (kulturelle Dienstleistungen)
– als auch nach Artikel 132 (1) Buchst. i Mehrwertsteuersystemrichtlinie (von Privatlehrern erteilter Schul- und Hochschulunterricht)
als umsatzsteuerfreie Leistungen an. Das Finanzamt ging gegen das Finanzgerichtsurteil in Revision, weil es in keiner der genannten Vorschriften eine gesetzliche Grundlage für die Umsatzsteuerfreiheit der Leistungen des Museumsführers sehen konnte.
In seinem Urteil begründet der BFH seine Auffassung (Umsatzsteuerfreiheit der Leistungen des Museumsführers) folgendermaßen:
1. Die genannten Regelungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie führten zwar entgegen der Auffassung des Finanzgerichts nicht zur Umsatzsteuerfreiheit, weil sich der Steuerpflichtige nicht unmittelbar auf Artikel 132 Buchst. n MwStSystRL beziehen kann (Regelung nicht eindeutig genug, weil sie den Mitgliedstaaten Spielräume zubilligt), und weil es sich nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bei der Museumsführung nicht um Schul- und Hochschulunterricht im Sinne des Artikel 132 (1) Buchst. i MwStSystRL handle.
2. Allerdings sei die Leistung des Museumsführers entgegen der Auffassung des Finanzamts gem. § 4 Nr. 20 Buchst. a) Satz 2 UStG von der Umsatzsteuer befreit:
– der Museumsführer sei als eine dem Museum gleichartige Einrichtung anzusehen
– der Museumsführer verfüge über eine in der genannten Vorschrift geforderte Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde
– die Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 20 Buchst. a) UStG sei „auf alle Umsätze mit Kulturbezug“ anzuwenden; steuerfrei sei daher nicht nur die Einräumung von Eintrittsberechtigungen sondern „auch andere typische Museumsleistungen“; dabei könne es sich auch um das Museum „einer anderen Person handeln“
– der umsatzsteuerliche Begriff der „Einrichtung“ umfasse auch natürliche Personen
– auch sei die in § 4 Nr. 20 Buchst. a) Satz 2 UStG geforderte „Gleichartigkeit“ der Leistung gegeben, weil im Falle der Museumsführung Museum und Museumsführer zusammenwirken, um die Leistungen des Museums überhaupt zu erbringen; dies ergebe sich aus der Tatsache, dass das Museum nur im Rahmen der Führungen zugänglich ist.
Das Urteil des BFH kam erst zustande, nachdem der EuGH in anderen Fällen entschieden hatte, dass „ein spezialisierter Unterricht (…) für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites vielfältiges Spektrum von Stoffen“ gleichkomme.
Insgesamt zeigt der Fall erneut, dass die Stichworte „Kultur“ oder „Bildung“ entgegen weit verbreiteter Ansicht nicht ausreichen, um die entsprechenden Leistungen umsatzsteuerfrei behandeln zu können.