BFH zum Erfordernis der „Unentgeltlichkeit“ bei steuerlich abzugsfähigen Spenden

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Spenden (steuerlich: „Zuwendungen“) sind nur dann unter den Be­dingungen des § 10b EStG steuerlich als Sonderausgaben absetz­bar, wenn sie „unentgeltlich“ sind, wenn also der Zuwendende vom Zuwendungsempfänger für die Zuwendung keine Gegenleis­tung erhält. Der Bundesfinanzhof hat den Begriff der Unentgeltlich­keit am Beispiel eines Falls erläutert, bei dem eine Stiftung einem Spender im engen zeitlichen Zusammenhang in Höhe des Spen­denbetrags ein Darlehen gewährte.

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Mit Urteil vom 26.04.2023 (BFH X R 4/22) entschied der BFH in einem Fall, bei dem

–   eine Stiftung

–   einem Spender,

–  der gleichzeitig Stiftungsgründer und vom Selbstkontrahierungs­verbot (§ 181 BGB) befreiter Vorstand der Stiftung war,

–  in Höhe der am 19. und 29.12.2011 von diesem in den Vermö­gensstock der Stiftung gegebenen Spende (jeweils Euro 200.000)

–  am 27.12.2011 und am 02.01.2012 Darlehen in Höhe von jeweils Euro 200.000

gewährte.

Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Stiftung dem Spender mit der Darlehensgewährung einen mit der Spende verbundenen Vorteil und somit eine Gegenleistung gewährte. Die Zahlung des Spenders sei daher nicht unentgeltlich gewesen, deshalb könne der Spender die Zuwendung steuerlich nicht geltend machen. Der gegen den entsprechenden Einkommensteuerbescheid gerich­tete Einspruch wurde vom Finanzamt abgelehnt. Der Spender reichte Klage beim Sächsischen Finanzgericht ein.

Das Sächsische Finanzgericht bestätigte in seinem Urteil vom 12.07.2021 (5 K 1378/19) die Auffassung des Finanzamts, der Spen­der legte Revisionsklage beim Bundesfinanzhof ein. Der BFH hielt die Revision für begründet, hob das Urteil des Finanzgerichts auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.

In seinem Urteil begründete der BFH die Zurückverweisung wie folgt:

1. Nach Auffassung des BFH schließt die Tatsache, dass die Stiftung dem Spender im zeitlich engen Zusammenhang ein verzinstes Dar­lehen in Höhe der Spende gewährt hat, „für sich genommen“ den steuerlichen Spendenabzug nicht aus.

Denn für den Spender stellt die Darlehensgewährung an sich kei­nen Vorteil dar. Er gibt eine Spende und ist mit dem damit verbun­denen Vermögensübertrag wirtschaftlich belastet. Die Darlehens­gewährung stellt ihn vermögensmäßig nicht besser, da (und so­weit) er den Darlehensbetrag zurückzahlen muss und durch die zu zahlenden Zinsen wirtschaftlich zusätzlich belastet ist.

Einzig der Abfluss von Liquidität wird durch die Darlehensgewäh­rung kompensiert. Dies wäre aber auch der Fall gewesen, wenn dem Spender ein Darlehen von anderer Stelle (z.B. von einer Bank) gewährt würde. Bezogen auf den Spender formuliert es der BFH so: „Seine Position hat sich daher sowohl tatsächlich als auch wirt­schaftlich – erheblich – verändert. Er ist endgültig um Eigenkapital von 400.000 € entreichert und hat stattdessen eine Verbindlichkeit von 400.000 € begründet.“

2. Allerdings – so der BFH – müsste die Darlehensgewährung sowohl dem Grunde nach als auch hinsichtlich der vereinbarten Darle­hensbedingungen einem Fremdvergleich standhalten.

Dem Grunde nach ist die Darlehensgewährung als fremdüblich anzusehen, wenn sie die „für die Anlage von Mitteln des Vermö­gensstocks einer Stiftung üblichen Grundsätze“ einhält, insbeson­dere „das Gebot der sicheren und wirtschaftlichen Vermögensver­waltung“. Hinsichtlich der vereinbarten Darlehensbedingungen ist die Darlehensgewährung dann als fremdüblich anzusehen, wenn sie insbesondere mit Blick auf Verzinsung, Sicherung und Rückzah­lung einem Fremdvergleich standhält.

In einem zweiten Rechtsgang habe nach Ansicht des BFH das Fi­nanzgericht zu prüfen

a) inwieweit die Darlehensverträge zivilrechtlich wirksam geschlos­sen wurden,

b) ob die vereinbarten Zinssätze fremdüblich sind

c) und ob das Darlehen fremdüblich besichert wurde.

Lediglich am Rande erwähnt der BFH in seinem Urteil, dass der Spender im Zusammenhang mit dem bislang nicht anerkannten Spendenabzug bereits zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt wurde und dass im dazu laufenden Revisionsverfahren „alle Fest­stellungen zur subjektiven Tatseite aufgehoben worden sind“.

Über die Besonderheiten des konkreten Falls hinaus beinhaltet das BFH-Urteil weitere Hinweise, die bei der Vergabe von Darlehen gemeinnütziger Körperschaften an nicht steuerbe­günstigte Gesellschafter/innen und nahestehende Personen zu be­achten sind. Das Thema birgt erhebliches Risikopotential, das Urteil legt eine zeitnahe Überprüfung der gegebenen Darlehensbezie­hungen nahe, weil es mit Sicherheit in zukünftige Betriebsprüfun­gen einbezogen werden wird.